Zollstelle Pannesheide
Zollposten Kerkrade Pannesheiderstraat während des Ersten Weltkriegs, 1915 (Gemeentearchief Kerkrade)
Zwei wichtige Grenzübergänge prägten den Bereich der Neustraße / Nieuwstraat.
Im Norden war es der Grenzübergang Herzogenrath und im Süden der Grenzübergang Pannesheide, den die Grenzpendler in und aus Richtung Aachen benutzten. Hier hieß es: Halt! Grenzkontrolle!
Die Kontrollstelle an diesem Ort wurde vor über 200 Jahren nach dem Wiener Kongreß 1815 eingerichtet, als die westlichen Gebiete der Neustraße zum neuen Königreich der Vereinigten Niederlande und die östlichen Gebiete zu Preußen kamen.
1938 sollte auf Wunsch der Nationalsozialistischen Regierung in Deutschland der Nord-Süd-Verkehr Herzogenrath-Aachen nicht mehr die Grenzstraße befahren. Es wurde daher eine verbreiterte neue Straßenführung durch Straß gebaut. Diese neue sogenannte Zollumgehungsstraße ist die heutige Voccartstraße / Alte Straße.
Die Zollstelle kontrollierte anfangs insbesondere den gewerblichen Verkehr. Später wurden hier zeitweise alle Kraftfahrzeuge vor dem Gebäude überprüft, während Fußgänger und Radfahrer über eine Rampe durch das Gebäude geschleust wurden.
Fahrräder wurden bei der Kontrolle schon mal leicht angehoben und auf den Boden gesetzt, um am Geräusch zu hören, ob wirklich Luft oder vielleicht Kaffee im Fahrradschlauch war.
Insbesondere während des Berufsverkehrs staute sich der Verkehr hier in Pannesheide vor der Zollkontrolle. Als dann durch das Attentat der Roten-Armee-Fraktion 1978 auch noch die Sicherheitskontrollen verschärft wurden, verlängerten sich die Fahrzeugschlangen zusätzlich.
In dieser Fahrzeugschlange aus Richtung Aachen standen dann auch noch die unglücklichen Bewohner Pannesheides, die gar nicht durch den Zoll fahren wollten. Ihnen wurde zum Verhängnis, dass die einzige Zufahrtsstraße nach Pannesheide direkt vor dem Zollgebäude abzweigt und keine eigene Fahrspur hatte.
Das imposante deutsche Zollgebäude und das niederländische Zoll“huisje“ prägten lange Zeit diesen Straßenteil. Das Gebäude, in dessen Raum mit Erdgeschosserker der niederländische Zoll sein Domizil hatte, besitzt heute einen auffälligen Dachausbau. Direkt am niederländischen Zollgebäude markiert ein Grenzstein die Stelle, an der die Grenze von der Nord-Süd-Richtung abweicht und einen Knick nach Westen macht.
Hier auf Höhe der Zollgebäude verzweigte sich auch der Autoverkehr, um entweder die niederländische Grenze zu überfahren oder parallel zum Zaun oder dem späteren Leicon-Mäuerchen auf deutschem Gebiet zu bleiben.
Peter Dinninghoff
Grenze Zollamt Pannesheide 1973 (Foto: W. Sevenich)
Ca. 1972 liefen Planungen der Oberfinanzdirektion Köln die Neustraße als Einbahnstraße einzurichten. Hier konnte sich die Gemeinde Herzogenrath jedoch erfolgreich gegen wehren, da dies für die Herzogenrather zu einer zu großen Belastung geführt hätte.
Die Zollämter planten zu gleicher Zeit, eine gemeinsame D/NL-Dienststelle am Zoll Pannesheide einzurichten. Bisher war der Zoll in der Gaststätte Krauthausen „Zum alten Zoll“ untergebracht. Die deutschen Beamten waren schon in den „Kiosk“ eingezogen. In einer kleinen Feierstunde übergab der Vorsteher des Hauptzollamts Aachen-Nord am 01.12.1973 Vertretern der niederländischen Zollverwaltung die für sie vorbehaltenen Räumlichkeiten im Kiosk, welcher sich auf deutschem Grund befand. So arbeiteten die deutschen und niederländischen Zollbeamten Rücken an Rücken.
Am 25. Juli 1984 hatten die Zollbeamten an der Pannesheider Zollstelle außergewöhnlichen Besuch, denn hier startete eine besondere niederländische Werbekampagne:
Zwanzig Süd-Limburgerinnen wurden von dem Niederländischen Büro für Molkereiprodukte zu einem Sondereinsatz in Westdeutschland abgestellt, um den Absatz von niederländischem Käse anzukurbeln. Bevor sie auf die Verbraucher losgelassen wurden, nahmen die Mädchen an einem zweitägigen Kurs zur Käseverkostung bei dem Niederländischem Büro für Molkereiprodukte in Aachen teil. Die Aktion der Frau Antjes Helferinnen begann am Grenzübergang Pannesheide in Kerkrade, wo die Zollbeamten sich den angebotenen Käse schmecken ließen.
Die Zollstelle Pannesheide (heute Roermonder Straße 141) gehörte als Nebenzollamt II. Klasse zu Herzogenrath für die Strecke zwischen den Grenzsteinen 230 und 236, zuständig für den grenzüberschreitenden Landverkehr von Aachen-Laurensberg-Kohlscheid-Richterich. Hier herrschte ein reger Grenzverkehr, besonders in Notzeiten. Beliebte Artikel zum unerlaubten Einbringen waren wegen der unterschiedlichen Besteuerung in den beiden Ländern, vor allem Kaffee, Spirituosen und Butter. Im 19. Jahrhundert gehörte auch das kostbare Salz dazu. Nach Abschaffung aller Binnenzölle für gewerbliche Erzeugnisse und Einführung eines gemeinsamen Außenzolls, endete 1974 für Pannesheide die Zeit des Zollamtes. Bis 1989 fungierte das Haus noch als Zollabfertigungs-Stelle für das Zollamt Aachen. Nachdem sich anschließend für eine kurze Zeit eine Poststelle in diesem Haus befand, beherbergt heute dieses historische Gebäude die Städtische Tageseinrichtung “Altes Zollhaus“ [Quelle: Tafel am ehem. Dt. Zollhaus Pannesheide. Heimatverein Kohlscheid, o.N. 2017]
Das heute im Privatbesitz befindliche Zoll“huisje“an der Pannesheiderstraat, in dessen Räumlichkeiten im Erdgeschoss der niederländische Zoll sein Domizil hatte, wurde im Jahr 2005 nach den Plänen der Plan A.G. Andreas Gülpen Ges. f. Generalplanung mbH kernsaniert. Hierbei wurde äußerster Wert auf den Erhalt möglichst vieler historischer Elemente gelegt. So wurde z.B. im Erdgeschoss der Erker erhalten und der ehemalige Eingang mit einer Festverglasung versehen. Ebenso wurde die gesamte wunderschöne Ziegelfassade erhalten. Auch innen sind weiterhin historische Elemente wie der über 100 Jahre alte Steinboden oder auch das Schiebefenster zum Deklarieren der Waren erhalten. Es besitzt heute einen markanten Dachaufbau.
Pannesheiderstraat 136-138 (Fotos: Stefanie Rotter)