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Bürgermeisterhaus

Haus des Kerkrader Bürgermeisters, 1914 (Gemeentearchief Kerkrade)

Anfang August 1914 beginnt der I. Weltkrieg. Am 3. August erklärt das Deutsche Reich Frankreich den Krieg und greift Frankreich über das neutrale Belgien an.
Innerhalb von 14 Tagen marschieren ca. 150.000 Soldaten vom Bahnhof Herzogenrath über die Neustraße in Richtung Aachen.
Die Soldaten singen und man hört Hurra-Rufe. Die Bewohner der ganzen Umgebung strömen zur Neustraße, um das einmalige Schauspiel zu sehen.
Ein Jahr später hat sich die Situation für die Soldaten an der Front völlig geändert. Schreiende Verletzte, Leichen, Dreck, Ratten und tägliche Todesangst prägen den Tagesablauf.
Viele Soldaten wollen dem Elend entfliehen. Sie desertieren und flüchten in die neutralen Niederlande. Auch viele überfallene Belgier wählen den Weg über die Niederlande, um sich hintenrum den noch kämpfenden Verbänden gegen die Deutschen anzuschließen.
Schmuggel und Spionage tun ihr Übriges und bewegen die deutsche Heeresleitung zu einer besonderen Kriegsmaßnahme. Von Vaalserquartier bis zur Kanalküste wird quer durch Belgien ein bewachter Starkstrom-Todeszaun gezogen, um den unbefugten Grenzübertritt in Richtung Niederlande zu verhindern.
In anderen Bereichen wird ein hoher Stacheldrahtzaun gezogen und auf freiem Gelände eingegrabene Soldaten mit Schießbefehl postiert.
Der hohe Stacheldrahtzaun verläuft auch entlang der Neustraße. Erstmals sind die beidseitigen Bewohner der Straße wirklich voneinander getrennt.
Eine besondere Situation entsteht vor dem Haus des Bürgermeisters von Kerkrade, der auf der niederländischen Seite der Neustraße wohnt und ein deutscher Wachsoldat direkt vor seiner Haustür postiert wird.

Peter Dinninghoff

Die Neustraße war zu dieser Zeit größtenteils deutsches Gebiet. Nur ein schmaler Streifen war niederländisch. Entlang der Straße standen auf deutschem Grund „Wachhäuschen“ für Zöllner auf Beobachtungsposten. Vor dem Haus des Kerkrader Bürgermeisters M. Hendricks, welches sich auf niederländischer Seite der Neustraße befand (ca. Haus-Nr. 111), stand für 11 Monate ein solcher deutscher Wachposten.
Kurios war die Platzierung des Wachhäuschens genau vor dem Wohnhaus des Kerkrader Bürgermeisters. Herr M. Hendricks war von 1910 – 1915 Kerkrader Bürgermeister.
So wurde ein niederländischer Bürgermeister, dessen Wohnhaus auf niederländischem Gebiet stand, von einem deutschen Zöllner auf deutschem Grund „bewacht“.
Es gibt keine Quellen, ob diese Stelle extra wegen des Wohnhauses des Bürgermeisters ausgesucht worden war oder es sich dabei um einen Zufall handelte.
Am 30. Dezember 1914 wurde ein ca. 2 Meter hoher Stacheldrahtzaun von deutscher Seite entlang der Neustraße gezogen. Die Wachhäuschen wurden überflüssig und nicht mehr gebraucht. Zum ersten Mal wird die Grenze zwischen Herzogenrath und Kerkrade auch physisch sichtbar.
Ein Jahr später, Ende 1915, wird von niederländischer Seite ein zweiter Zaun gezogen, um den florierenden Schmuggel besser unter Kontrolle zu bringen.

Deutscher Landsturm während des ersten Weltkriegs – im Hintergrund das Bürgermeisterhaus. (Gemeentearchief Kerkrade)

Neustraßer 1960er, das Bürgermeisterhaus ist im Hintergrund vor den Häusern der Bergarbeiterkolonie zu sehen, auf der rechten Seite ein deutsches „Wachhäuschen“. (Stadtarchiv Herzogenrath)

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